DER GERÜSTBAUER 01.2021
19 01.2021 RECHT Verspätete Abgabe der AU-Bescheinigung Geht der Anspruch auf Krankengeld verloren? Arbeitnehmer haben bei Krankheit sechs weitere Wochen An- spruch auf Weiterzahlung ihres Gehaltes durch den Arbeitgeber. Das Gesetz legt fest, dass Arbeitnehmer eine AU-Bescheinigung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) erst dann vorlegen müssen, wenn sie länger als drei Tage krank sind. Die Bescheinigung sollte dem Arbeitgeber somit spätestens am vierten Krankheitstag vor- liegen. Wird im Arbeitsvertrag jedoch eine kürzere Frist verein- bart, so ist diese maßgeblich. Auch muss die Vorlage der AU-Bescheinigung bei der gesetzli- chen Krankenkasse vorgelegt werden. Dies ist eine Verpflichtung des Versicherten und sollte grundsätzlich innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eingehen. Habe ich Anspruch auf Krankengeld, trotz verspäteter Abgabe der AU-Bescheinigung? Grundsätzlich hat der Versicherte für die rechtzeitige Meldung der Abwesenheit aufgrund von Krankheit zu sorgen. Um häufig entstehende zeitliche Lücken in der Bescheinigung der Arbeits- unfähigkeit schließen zu können, hat der Gesetzgeber im Jahr 2019 den Paragrafen zum Entstehen des Anspruchs auf Kran- kengeld (§ 46 SGB (Sozialgesetzbuch) V) geändert. Trotzdem entstehen nach wie vor Lücken, die vor allem zu Las- ten des Versicherten gehen. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte nämlich einen persönlichen Kontakt zwischen den Versicherten und dem Arzt verlangt. Aufgrund von Überlastung der Praxen und Verschiebungen von bereits vereinbarten Terminen, verlieren Versicherte, trotz des geänderten § 46 SGB V, ihren Anspruch auf Krankengeld. Die Verweigerung der Zahlung von Krankengeldern, aufgrund von verspäteter Abgabe der Bescheinigungen, führte in der Vergangenheit zu unzähligen rechtlichen Auseinandersetzun- gen. Nun hat das Bundessozialgericht in einemUrteil, vom 26.03.2020 (B 3 KR 10/19 R), die Rechtsprechung zum Thema Krankengeld bei verspäteter Übermittlung der AU-Bescheinigung durch den Versicherten fortentwickelt. Dort heißt es, dass es einem rechtzei- tig erfolgten Kontakt zum Arzt gleichsteht, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat. Eine auf Wunsch des Arztes, bzw. seines Personals erfolgte Ver- schiebung, des ursprünglich rechtzeitig vereinbarten Termins, sei demnach unschädlich, da auch die begrenzt rückwirkende ärztli- che AU-Feststellung statthaft sei. Krankenkassen haben in Deutschland eine sogenannte Arbeits- unfähigkeits-Richtlinie eingeführt, an die sich Ärzte bei der Aus- stellung von AU-Bescheinigungen halten müssen. Der Richtlinie zufolge darf die AU-Bescheinigung erst ab dem Tag der Behand- lung ausgestellt werden. Unter gewissen Umständen ist eine rückwirkende Krankschreibung jedoch möglich. Es bedarf einer Prüfung durch den Arzt, dass der Patient/die Patientin auch zu- vor bereits krank gewesen sein kann. Die Krankschreibung kann maximal bis zu drei Tage rückwirkend erfolgen. Quelle: anwalt.de Rechtsanwalt Prof. Dr. univ. Arsène Verny M.E.S. VERNY & DAUSES Rechtsanwälte/Arbitrators Bismarckallee 23 • D-14193 Berlin Tel. +49 30 80580913 info@verny.de • www.verny-dauses.com Fazit: Grundsätzlich haben Versicherte eine Woche lang Zeit die Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit bei ihren Kranken- kassen einzureichen. Ist dies jedoch aufgrund von Überlas- tung der Arztpraxis nicht möglich, kann, entsprechend der Umstände des Einzelfalls, trotzdem Anspruch auf Kranken- geld bestehen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Kontaktauf- nahme durch den Versicherten zum Arzt. Fälle wegen nicht gezahlter Krankengelder sollten rückwir- kend ab dem Jahr 2016 überprüft werden. www.spezialgeruestbau.de Anzeige
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