GB_02.2024

19 02 / 2024 Besondere Leistungen in Abschnitt 4.2.15 und 4.2.16 DIN 18451 Flankiert wird die Regelung zur Obhutspflicht von besonderen Leistungszuweisungen in den ebenfalls neu formulierten Abschnitten 4.2.15 und 4.2.16 DIN 18451. Diese beinhalten, dass die Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands sowie die Instandsetzung bei unsachgemäßer Nutzung oder Einwirkungen (als Regelbeispiele werden Veränderungen an Gerüsten, Fehlgebrauch und Beschädigungen genannt) besondere Leistungen sind, also solche, die grundsätzlich gesondert vergütet werden, wenn der/die Auftragnehmer*in sie erbringt. Die Zuweisungen vervollständigen den Interessenschutz des Auftragnehmers bzw. der Auftragnehmerin. Denn wo geklärt ist, ob bzw. dass ein bestimmter Umstand unter die Obhutspflicht des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin fällt, stellt sich oft als nächstes die Frage, wer die Kosten einer erforderlichen Wiederherstellung des Gerüstes zu tragen hat. Auch diese Rechtsfolge wird nun durch die Zuweisungen der besonderen Leistungen nach Abschnitt 4.2.15 und 4.2.16 eindeutig geregelt. Durchsetzbarkeit von Rechten des Auftragnehmers bzw. der Auftragnehmerin Die beste Regelung nützt nichts, wenn sie sich nicht durchsetzen lässt und der/die Betroffene im Ergebnis leer ausgeht, d. h. in den beschriebenen Fällen auf den Kosten einer Pflichtverletzung der Auftraggeberseite sitzenbleibt. Auch wenn mit der ausdrücklichen Regelung in Abschnitt 3.8 DIN 18451 nun eine verbesserte Rechtsgrundlage für Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Auftragnehmers bzw. der Auftragnehmerin bei Verstößen gegen die Obhutspflicht geschaffen wurde, ist es für ihn/sie nach wie vor mindestens genauso wichtig, die erforderlichen Verfahrens- und Dokumentationsschritte zu beachten, um die Rechtsverletzungen auch geltend machen zu können. Dazu gehört je nach Einzelfall • eine möglichst genaue Dokumentation des Gerüstes und dessen Zustandes bei Übergabe an die Auftraggeberseite, etwa mittels aussagekräftiger Bildaufnahmen vom Gerüst, Übergabebescheinigungen oder einer dokumentierten gemeinsamen Abnahme; • eine schriftliche Anzeige an den/die Auftraggeber*in bei Verstößen gegen die Obhutspflicht (vgl. Abschnitt 3.9 DIN 18451); • eine genaue Dokumentation von bekanntgewordenen Schäden/Veränderungen/Fehlbeständen, idealerweise verbunden mit einer gemeinsamen Inaugenscheinnahme des Gerüstes mit der Auftraggeberseite. Je besser dem/der Auftragnehmer*in der Nachweis gelingt, dass das Gerüst nach der Montage vollständig und in ordnungsgemäßem Zustand übergeben wurde, desto leichter fällt die Beweisführung, dass zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen/ Verschlechterungen des Gerüstes dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin zuzuordnen sind und desto eher besteht Erfolgsaussicht auf Schadensersatz. Der/die Auftragnehmer*in kann sich hier die Besonderheiten der Beweislastverteilung bei der Gebrauchsüberlassung zu Nutzen machen, wonach es dem/der Auftraggeber*in obliegt, die ordnungsgemäße, vollständige Rückgabe des Materials nach Freimeldung zum Abbau nachzuweisen. Diesen Nachweis muss der/ die Auftraggeber*in allerdings erst dann erbringen, wenn zuvor nachgewiesen werden konnte, dass das betreffende Gerüstmaterial anfangs überhaupt übergeben worden war. Fazit Eine bedeutende Neuerung der im Oktober 2023 neuaufgelegten DIN 18451 ist die erstmals ausdrücklich geregelte Obhutspflicht in Abschnitt 3.8. Auftragnehmer*innen können jetzt bei Verstößen unter direktem Bezug auf den Wortlaut dieser Regelung Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche begründen und müssen nicht mehr auf ungeschriebene Rechtsgrundsätze zurückgreifen. Das wird in VOB-Gerüstbauverträgen zu mehr Rechtssicherheit führen und dazu beitragen, Streit zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden. Nach wie vor wird die rechtliche Durchsetzung von Ansprüchen im Falle des Bestreitens durch den/die Auftraggeber*in aber von einer wirksamen Beweisführung abhängen, weshalb Betroffene auch zukünftig auf Einhaltung der gebotenen Verfahrensschritte achten sollten. RECHT Rechtsanwalt Tobias Barth betreibt in Köln eine Kanzlei, die auf privates Baurecht spezialisiert ist. Er war zuvor als Syndikusrechtsanwalt der Bundesinnung für das Gerüstbauer-Handwerk tätig. Neben der außergerichtlichen und gerichtlichen Beratung bietet die Kanzlei Barth Gerüstbauunternehmen auch Maßnahmen der betrieblichen Optimierung, beispielsweise in den Bereichen AGB, Arbeitsschutz und Nachunternehmereinsatz. Kanzlei Barth Am Kabellager 11 • D-51063 Köln Tel. +49 221 650 877 30 info@barth-kanzlei.de • www.barth-kanzlei.de

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