18 03 / 2025 Mehrkostenersatz bei Bauzeitenverlängerungen Verlängern sich die vertraglich vereinbarten Bauzeiten, kommt für den betroffenen Gerüstbaubetrieb ein Anspruch auf Mehrkostenersatz in Betracht. Wie häufig im Gerüstbau, sind dabei aufgrund der geltenden Rechtsprechung Besonderheiten zu beachten. Ein Überblick zu den Anspruchsvoraussetzungen und möglichen Rechtsfolgen. Verschiebungen und Verlängerungen von Bauzeiten sind in der Praxis keine Seltenheit. Verändern sich die vertraglich vereinbarten Ausführungszeiten, steht betroffenen Gerüstbaubetrieben unter Umständen ein angepasster Vergütungsanspruch für die Überlassung der Gerüste zu. Der Umgang mit derartigen Situationen fällt Betrieben häufig schwer, weil sie nicht genau wissen, welche Ansprüche sie gegenüber dem/der Auftraggeber*in geltend machen können und welche praktischen Schritte sie dabei zu beachten haben. Hier soll ein kurzer Überblick zu der nicht unkomplizierten Rechtslage und den hierbei zu berücksichtigenden Fallstricken geboten werden. Anwendbarkeit des Mehrkostenanspruchs Ausgangspunkt aller Überlegungen ist ein zentraler Grundsatz, den der Bundesgerichtshof für die Gebrauchsüberlassung von Baugerüsten festgelegt hat. Dieser lautet im Wesentlichen: Haben die Vertragsparteien die Überlassung eines Gerüstes zur Durchführung von Bauarbeiten vereinbart, schuldet der Gerüstbaubetrieb diese Leistung im Zweifel so lange, wie das Gerüst für die Durchführung der Baumaßnahme benötigt wird (BGH, Urteil v. 11. April 2013, Az. VII ZR 201/12). D. h., der Betrieb ist grundsätzlich nicht berechtigt, das Gerüst abzubauen, wenn es für die Bauarbeiten noch benötigt wird. Dieser Grundsatz hat für Gerüstbaubetriebe zu einer einschneidenden Veränderung der Rechtslage geführt, weil sie nicht verlässlich kalkulieren können, wann sie ein Gerüst zurückerhalten. Der/die Auftraggeber*in hingegen ist berechtigt, einseitig die Längervorhaltung des Gerüstes einzufordern. Hintergrund dieser Risikoverteilung ist das Prinzip der Förderung der Baumaßnahme, wonach der/die Auftragnehmer*in alles Zumutbare zu tun hat, um den Zweck des Bauvertrages zu fördern und dessen Durchführung nicht zu gefährden. Als Ausgleich für die verlängerte Vorhaltung gewährt die VOB/B1 dem Gerüstbaubetrieb allerdings über § 2 Abs. 3 Nr. 2 einen Anspruch auf Preisanpassung, über welchen er einen Ausgleich für die ihm entstehenden Mehrkosten erlangen kann. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ist für über 10 % hinausgehende Mengenüberschreitungen (Vergleich vertraglich vereinbarte Menge – tatsächlich ausgeführte Menge) ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Bezogen auf die im Gerüstbauvertrag enthaltene Gebrauchsüberlassung bedeutet dies, dass dem/der Auftragnehmer*in bei Überschreitung der vereinbarten Überlassungsdauer von mehr als 10 % ein Anspruch auf Preisanpassung zusteht. Achtung, hier lauert der erste Fallstrick: Nach aktueller Rechtslage sind die üblichen Positionen zur Gebrauchsüberlassung in Gerüstbauverträgen als Eventualpositionen einzustufen. Eventualpositionen werden ausgeschrieben, wenn im Voraus nicht geklärt ist, ob und inwieweit diese Leistungen tatsächlich benötigt werden. Im Falle von Eventualpositionen hängt die Anwendbarkeit des Preisanpassungsanspruchs aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B davon ab, ob die Vertragsparteien übereinstimmend von einer bestimmten zu erwartenden Dauer der Gebrauchsüberlassung ausgegangen sind. RECHT 1 Wurde zwischen den Vertragsparteien nicht die VOB/B vereinbart, sodass es sich um einen reinen BGB-Vertrag handelt, lässt sich ein Anspruch auf Mehrkostenersatz allenfalls aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen herleiten. Eine spezielle Anspruchsgrundlage steht dem Gerüstbaubetrieb dann jedoch nicht zu. Hier bietet die VOB/B einen entscheidenden Vorteil. PLANUNG, BERATUNG, SCHULUNG UND GUTACHTEN IM GERÜSTBAU Ingenieure Tomshöfer und Partner Zu den Kämpen 2a • 44791 Bochum Tel. 0234-5880733 • Fax 0234-5880734 info@ingenieure-am-werk.de www.ingenieure-am-werk.de Anzeige
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