GB 06.2020
24 06.2020 Resturlaub im Corona-Jahr 2020 Wie in jedem Jahr stellt sich auch imCorona-Jahr 2020 die Frage, was aus offenen Urlaubstagen werden soll. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum Urlaubs- anspruch am Ende des Jahres 2020 zusammengefasst. Die gebuchte Reise ist wegen Corona storniert – kann der be- reits vom Arbeitgeber genehmigte Urlaub zurückgenommen werden? Kurzum: Nein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können ge- nehmigten Urlaub nicht einseitig zurücknehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine gebuchte Reise pandemie- bedingt nicht angetreten werden kann. Hintergrund dieser Erwä- gung ist, dass der Gesetzgeber den Urlaubsanspruch zu Erho- lungszwecken gewährt. Erholung können die Beschäftigten auch zuhause erfahren. Eine Reise in ein Urlaubsgebiet ist hierfür nicht erforderlich. Etwas anderes gilt dann, wenn der Arbeitgeber der Rücknahme des Urlaubs zustimmt. Die betriebliche Praxis vari- iert hier deutlich. Arbeitgeber seien in diesem Zusammenhang auf den Gleichbehandlungsgrundsatz hingewiesen: wird einem Beschäftigten die Rücknahme bereits genehmigter Urlaubstage gestattet, darf von dieser Praxis nicht grundlos abgewichen wer- den! Ist der Urlaubsanspruch wegen Corona auf das kommende Jahr übertragbar? Der Urlaubsanspruch ist im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen. Das Bundesurlaubsgesetz ist insoweit eindeu- tig: Der Urlaubsanspruch entsteht mit Beginn des Kalenderjahres und endet mit ihm. Dieser Grundsatz gilt nach Auffassung der Rechtsprechung in dieser Absolutheit allerdings nur, soweit der Arbeitgeber seiner Hinweispflichten nachgekommen ist. Der Ur- laubsanspruch erlischt hiernach mit dem Ende des Jahres 2020, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefor- dert hat, seinen Urlaub zu nehmen und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Jahres erlischt. Unterlässt der Arbeitgeber diese Hinweisob- liegenheiten, erlischt der Urlaubsanspruch nicht zum Ende des Jahres 2020, sondern wird auf das folgende Jahr 2021 übertra- gen. Er wird dem Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzugerech- net und teilt dessen zeitliche Befristung. Dürfen Eltern Urlaub ansparen und in das Jahr 2021 mitneh- men, um für die Kinderbetreuung während eines möglichen Lockdowns vorzusorgen? Auch insoweit bleibt es in der aktuellen Ausnahmesituation bei den allgemeinen Grundsätzen: Danach ist eine Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das Folgejahr nur denkbar, wenn dringen- de betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Ersteres ist beispielsweise der Fall, wenn die Auftragslage am Jahresende es erfordert, dass die Ar- beitnehmer in voller Belegschaft anwesend sind. Zu den in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen zählt die Eltern- schaft nicht. Nur weil ein Arbeitnehmer befürchtet, sich für die Kinderbetreuung während eines möglichen Lockdowns bereit halten zu müssen, kann er eine Übertragung seines Urlaubs auf 2021 nicht verlangen. Ein solches Recht, Urlaub für nachfol- gende Jahre aufzusparen, kennt das Gesetz nicht. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung ist zum einen das Bedürfnis nach Planungssicherheit für den Arbeitgeber und zum anderen der Erholungszweck des Urlaubs. Wegen der Corona-Pandemie fehlt es zum Jahresende an Ar- beit. Darf der Arbeitgeber einseitig Urlaub anordnen? Grundsätzlich sieht das Gesetz vor, dass der Arbeitgeber den Urlaub „gewährt“ bzw. durch eine Freistellungserklärung erfüllt. Der Gesetzgeber hält also eine einseitige Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber nicht prinzipiell für unmöglich. Geschrie- ben steht jedoch, dass der Arbeitgeber bei der Freistellung die Wünsche des betroffenen Arbeitnehmers berücksichtigen muss. Hat er ihn also vorab nicht befragt, steht dem Arbeitnehmer ein unverzüglich geltend zu machendes Verweigerungsrecht zu. Er hat insoweit eine konkrete andere zeitliche Festlegung des Ur- laubs einzufordern. Der Arbeitgeber hat diesen Wunsch dann grundsätzlich auch zu berücksichtigen. Unter Hinweis auf drin- gende betriebliche Belange kann er nur den Alternativwunsch des Arbeitnehmers zurückweisen, nicht aber seine eigenen Ur- laubsvorstellungen einseitig durchsetzen. Eine „Zwangsbeurlau- bung“ gegen den Willen des Arbeitnehmers ist also auch im Co- rona-Jahr 2020 nicht möglich. Kurzarbeit Null – Kann der Arbeitnehmer für diese Zeit Urlaub bewilligt bekommen? Kennzeichnend für die sogenannten Kurzarbeit „Null“ – also der Kurzarbeit über die gesamte Arbeitszeit – ist, dass keine Arbeits- pflicht übrigbleibt. Hier also kann die mit der Urlaubsgewährung bezweckte Erholung schon nicht mehr eintreten. Denn der Ar- beitnehmer hat sowieso keine Arbeitspflicht mehr zu erfüllen. In diesem Fall wird ihm also kein Urlaub gewährt werden können. Quelle: anwalt.de RECHT Kanzlei Senol • Hülya Senol, RA und FA für Arbeits- und Familienrecht Theodor-Heuss-Ring 18 • 50668 Köln Tel. 0221 29005212 • www.kanzlei-senol.de
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