GB_06.2023

18 06 / 2023 UNTERNEHMENSFÜHRUNG Neue Zertifizierung Gemeinhardt Service und Freyler Stahlbau erwerben das SCCP-Zertifikat „Wir haben einige Zertifikate, um unsere Arbeitspro- zesse und den Gesundheitsschutz zu optimieren“, sagt Dirk Eckart. Letztlich sei das SCC-Zertifikat das umfangreichste und anspruchsvollste, so der Geschäftsführer von Gemeinhardt Service. SCC steht für Safety Certificate Contractors und bezeichnet einen internationalen Standard für Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltschutzmanagement für technische Dienstleistungsunternehmen, wie es der Spezialgerüstbauer aus dem sächsischen Roßwein ist. Für etliche Auftraggeber*innen ist dieses Zertifikat eine Voraussetzung für die Auftragsvergabe, für andere ist es zumindest ein großes Plus. Seit einem Jahr verfügt der Gerüstbauer sogar über das SCCP-Zertifikat, das speziell für die Petrolchemieindustrie entwickelt wurde. „Unser Berater hatte gesagt, dass wir die Voraussetzungen bereits erfüllen“, so Grit Beer, bei Gemeinhardt Service für die Zertifikate verantwortlich. Da die Gefährdung für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt in dieser Branche größer ist, hatten 1995 einige Industrieunternehmen wie Raffinerien, chemische Kraft- und Stahlwerke mit der Berufsgenossenschaft ein Regelwerk zur Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz (SGU) aus den Niederlanden übernommen, erzählt Jens Morgenstern, TÜV-Auditor und Berater. Durch die erhöhten Anforderungen sollen Arbeitsunfälle systematisch und präventiv verhindert werden. So müssen 90 % der operativ tätigen Führungskräfte und Mitarbeiter*innen geschult sein und eine Prüfung abgelegt haben. „Das ist eine Verschärfung, die im Industrieumfeld so nicht üblich ist“, sagt der Sicherheitsingenieur. Erst vor kurzem war Gemeinhardt Service für ein Unternehmen tätig, das für Mineralölkonzerne unterschiedliche Kraftstoffe in riesigen Tanks lagert. Diese müssen alle zehn Jahre gereinigt und technisch auf den neuesten Stand gebracht werden. „Wir haben bereits vor drei Jahren problemlos zusammengearbeitet“, sagt der zweite Geschäftsführer von Gemeinhardt Service Walter Stuber, „deshalb hätten wir den Auftrag wohl auch ohne das neue SCCP-Zertifikat bekommen, aber es wird unsere Überzeugungsarbeit künftig bei anderen Auftraggebern erleichtert.“ Die Wirkung auf Kund*innen und die Akquise von Aufträgen ist für Eckart die eine Seite des Zertifikats. „Unser Leitsatz ist: Wir produzieren Sicherheit“, so der Unternehmer. Das gelte allerdings nicht nur für die Gerüstnutzer*innen, sondern auch für seine 44 Mitarbeiter*innen. „Ich gehe davon aus, dass ich keine Nacht mehr ruhig schlafen könnte, wenn sich ein Kollege schwer verletzt oder gar stirbt, und ich hätte das Gefühl, ich habe nicht alles für die Arbeitssicherheit getan“, so der Sachse. Deshalb ist das Zertifikat auch ein Mittel, um die Mitarbeiter*innen an alle Sicherheitsmaßnahmen zu erinnern, die sich im Arbeitsalltag leicht verschleifen. Auch Freyler Stahlbau aus dem badischen Kenzingen besitzt seit Anfang des Jahres die SCCP-Zertifizierung. Damit kann das Unternehmen die Projektabwicklung und Montage im industriellen Stahl- und Anlagenbau für Chemie- und Petrochemiefirmen übernehmen, weil es die zusätzlichen Anforderungen bezüglich Baustellen-Inspektionen und Sicherheitsmaßnahmen erfüllt. Alle Bau- und Projektleiter*innen sowie die Monteur*innen wurden entsprechend geschult und geprüft, denn bei diesem Zertifikat werden einzelne Personen zertifiziert, die die Vorgaben des SCCP-Managementsystems auf den Baustellen letztlich umsetzen. Zusätzlich hat Freyler die Gelegenheit genutzt, um seine Leitlinien bezüglich des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes neu zu formulieren und so ein verlässliches Fundament zu legen, um Arbeitsunfälle und gesundheitliche Schäden zu verhindern sowie die Umwelt bestmöglich zu schützen. „Hier geht es um die Gesundheit und um den Schutz der Umwelt“, sagt Axel Fink. Er ist bei Freyler verantwortlich für das Qualitätsmanagement. Das Unternehmen führt Checklisten und protokolliert seine Arbeitsabläufe gerade auf den Baustellen, um das Bewusstsein der Mitarbeiter*innen für Gefahren am Arbeitsplatz fortlaufend zu schärfen. Um dem SCCP-Zertifikat zu entsprechen, muss beispielsweise immer eine sogenannte Last Minute Risk Analysis (LMRA) gemacht werden, also eine kurze Bewertung der Gesundheits- und Umweltgefährdung. „Gesetzlich wird völlig berechtigt vieles gefordert“, so der 58-jährige Bauingenieur, die Bauunternehmen stehen aber auch selbst in der Verantwortung, ihre Mitarbeiter*innen immer wieder an die Risiken auf der Baustelle zu erinnern. Laut BG BAU gab es 2021 etwas mehr als 112.000 Arbeitsunfälle mit leicht steigernder Tendenz gegenüber dem Vorjahr. Davon endeten 97 tödlich. Und auch die Zahl der Berufskrankheiten stiegen auf knapp 16.500. „Unser Ziel ist es, Unfälle zu vermeiden und gesundheitliche Schäden zu verhindern“, so Fink. Zugleich ist die neue Zertifizierung für Freyler Stahlbau die Chance, neue Kund*innen aus der Chemie- und Petrolchemiebranche zu gewinnen und seinen Kundenstamm zu erweitern. Autor: Jens Gieseler

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