GB_06.2025

18 06 / 2025 Entschädigungsanspruch bei Bauzeitenverschiebungen Werden Gerüstbauleistungen nicht zum vereinbarten Zeitpunkt abgerufen, können betroffenen Betrieben Kosten entstehen, weil sie Personal und Material in Erwartung des Leistungsabrufs vorhalten. Diese Kosten können im Rahmen des Entschädigungsanspruchs nach § 642 BGB gegenüber dem Auftraggeber geltend gemacht werden. Bauzeitenveränderungen können verschiedene Auswirkungen auf die vertraglichen Leistungen und die Kosten der Beteiligten haben. Während sich der Beitrag in DER GERÜSTBAUER, Ausgabe 03.2025, mit Ansprüchen im Falle verlängerter Bauzeiten befasste, tritt in der Praxis häufig eine weitere Situation auf: der verspätete Abruf der Leistung durch den Auftraggeber. Hier verzögert sich nicht das Ausführungsende infolge einer verlängerten Ausführungsdauer, sondern der Ausführungsbeginn. Die vertraglich geschuldete Leistung wird also verschoben, bevor sie überhaupt begonnen hat. Auch in dieser Situation stellt sich für Gerüstbaubetriebe die Frage, wer für die Kosten einer solchen Bauzeitenverschiebung aufkommt. Kosten können vor allem dadurch entstehen, dass bis zum Leistungsabruf Gerüstmaterial bereitgehalten wird. Auch kann es vorkommen, dass die Ausführungsverschiebung durch den Auftraggeber so plötzlich erfolgte, dass bereits eingeteiltes Personal nicht mehr anderweitig eingesetzt werden kann. Prägend für diese Situationen ist, dass die berechtigten Leistungserwartungen des Gerüstbaubetriebes enttäuscht und seine Planungen durchkreuzt werden. Aus diesem Grund sieht die Rechtsordnung unter bestimmten Voraussetzungen einen Entschädigungsanspruch vor, der in § 642 Abs. 1 BGB gesetzlich geregelt ist¹. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieses Anspruchs soll der folgende Beitrag kurz beleuchten, wobei auf Besonderheiten der Gerüstbau-Praxis eingegangen wird. Wortlaut des § 642 BGB: (1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen. (2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann. Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs, § 642 Abs. 1 BGB Die drei wesentlichen Voraussetzungen des Anspruchs bestehen nach dem Gesetz also darin, dass • der Auftraggeber eine bei der Herstellung des Werkes erforderliche Mitwirkungshandlung unterlässt, • der Auftraggeber dadurch in Annahmeverzug bezüglich der (Gerüstbau-) Leistung gerät und • dem Auftragnehmer hierdurch Kosten entstehen. Die erforderliche Mitwirkungshandlung beinhaltet allgemein, dafür zu sorgen, dass der Auftragnehmer seine Leistung ungehindert ausführen kann. Dazu zählt auch die Pflicht des Auftraggebers, dem Gerüstbaubetrieb das Baugrundstück „aufnahmebereit“ zur Verfügung zu stellen, sodass dieser in die Lage versetzt wird, seine Leistung zu erbringen (BGH, Urteil v. 21.10.1999, VII ZR 185/98; KG, Urteil v. 12.02.2008, 21 U 155/06). Ruft der Auftraggeber die Gerüstbauleistung nicht zu dem hierfür vereinbarten Zeitpunkt ab und reagiert er dann auch nicht auf eine entsprechende Aufforderung des Gerüstbaubetriebes, die Erstellung des Gerüstes zu ermöglichen, liegt hierin in der Regel ein Unterlassen der zuvor genannten Mitwirkung. Zweite Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs ist der Annahmeverzug des Auftraggebers. Der Annahmeverzug liegt vor, wenn die Gerüstbauleistung nicht angenommen wird, obwohl ein für den Leistungsabruf vereinbarter Termin bereits erreicht ist oder der Gerüstbaubetrieb den Auftraggeber erfolglos zur Abnahme der Leistung aufgefordert hat. Fälle von Bauzeitenverzögerung sind häufig so gestaltet, dass Auftraggeber Ausführungstermine nicht einhalten können und die Leistung deshalb nicht zum vereinbarten Beginnzeitpunkt abrufen. Angaben zu Ausführungsterminen finden sich in typischen Gerüstbauverträgen häufig in den Besonderen VertragsbedinRECHT (1) § 642 BGB ist anwendbar, wenn der betreffende Vertrag (zumindest auch) als Werkvertrag i.S.v. § 631 ff BGB einzuordnen ist. Dies trifft nach h.M. auf den gemischttypischen Gerüstbauvertrag zu, da er der Werk- und Mietleistungen beinhaltet. Sofern im Einzelfall lediglich eine Mietleistung vereinbart wurde, lässt sich ein entsprechender Anspruch des Vermieters/der Vermieterin auf Zahlung der Miete bei unterlassener Nutzung aus § 537 Abs. 1 BGB herleiten.

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