GB_04.2023

12 04 / 2023 Gerüstunfälle: Die Gebäudehaftung Bei der Haftung im Zusammenhang mit Gerüstunfällen spielt die sogenannte Gebäudehaftung eine wichtige Rolle. Vor allem in Bezug auf die Beweislast gelten hier einige Besonderheiten, die Gerüstbaubetriebe zur Stärkung des Risikobewusstseins und für den Fall der eigenen Betroffenheit kennen sollten. Gerüstbauer*innen tragen eine große Verantwortung für die fehlerfreie und sichere Erstellung ihrer Gerüste. Ereignet sich bei der Benutzung von Gerüsten ein Unfall Dritter (typischerweise betroffen: Handwerker*innen, die vom Gerüst aus Arbeiten ausführen), kommen die gesetzlichen Vorschriften der Gebäudehaftung aus §§ 836, 837 BGB zur Anwendung. Diese Vorschriften gelten – anders, als der Ausdruck „Gebäudehaftung“ vermuten lässt – nicht nur für Gebäude im eigentlichen Sinne, sondern auch für Werke vergleichbaren Ausmaßes, wie Gerüste, Treppentürme oder aus Gerüstmaterial hergestellte Fußgängerbrücken. Eine Haftung des Gerüstbauers bzw. der Gerüstbauerin kommt dann in Betracht, wenn eine fehlerhafte Erstellung des Gerüstes die Ursache für einen Schaden gewesen ist. Nach §§ 836, 837 BGB gilt: Besitzt jemand auf einem Grundstück ein Gebäude oder ein anderes Werk und wird durch den Einsturz oder die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge einer fehlerhaften Errichtung oder mangelhaften Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Auf den Punkt gebracht beinhaltet die Gebäudehaftung somit, dass Gerüstbauer*innen dafür haften, wenn es aufgrund einer fehlerhaften Errichtung oder Unterhaltung des Gerüstes zu einem Sach-/Gesundheitsschaden oder sogar Todesfall gekommen ist – es sei denn, sie können nachweisen, dass sie an dem Schadenseintritt kein Verschulden trifft. Zwar dürfte die Kernaussage der Bestimmung vielen als Selbstverständlichkeit erscheinen: Wer etwas falsch macht, muss auch dafür „geradestehen“. Besonders ist aber die mit der Regelung verbundene Beweislastverteilung. Denn zum einen hat sich etabliert, dass Gerichte bei der Prüfung einschlägiger Sachverhalte von bestimmten Ereignissen auf die Fehlerhaftigkeit von Gerüsten schließen (sog. Anscheinsbeweis). Zum andern muss der in Anspruch genommene Gerüstbaubetrieb in der Regel beweisen, dass er alles Erforderliche getan hat, um einen eingetretenen Unfall vom Gerüst zu vermeiden. Solange er diesen Beweis nicht erbringt, wird von seinem Verschulden ausgegangen (Verschuldensvermutung). In Haftung genommene Gerüstbauer*innen stehen aus diesem Grund beweisrechtlich in einer Bringschuld, da sie bestimmte Tatsachen zur eigenen Entlastung – allen voran die vorschriftsmäßige Gerüsterstellung – vorbringen und nachweisen müssen. Gerade vor dem Hintergrund der im Baustellenalltag häufigen unbefugten Veränderungen an Gerüsten und damit verbundenen Sicherheitsrisiken ist es deshalb wichtig, dass Gerüstbauer*innen die ordnungsgemäße Gerüsterstellung ausreichend dokumentieren, um Verursachungsbeiträge abgrenzen und sich im Ernstfall entlasten zu können. Aber der Reihe nach: Die Haftung nach §§ 836, 837 BGB setzt zunächst voraus, dass ein Gerüst eingestürzt ist oder sich Teile davon gelöst haben und es hierdurch zu einer Verletzung gekommen ist. Das erfordert nicht zwingend, dass die Verletzung unmittelbar durch das Einstürzen oder die Ablösung des Gerüstteils verursacht wurde – etwa, wenn ein Teil einer Person auf den Kopf gefallen ist. Ausreichend sind vielmehr auch mittelbare Verletzungen, die dadurch entstehen, dass die bestimmungsgemäße Verbindung des Teils mit dem Gerüst aufgehoben wird. Einschlägige Praxisfälle sind beispielsweise Holzbohlen oder Einstiegstafeln, die durchbrechen, oder Geländer, die nachgeben und deren Versagen dann zu Sturz und Verletzung der betroffenen Person führt. Der Einsturz bzw. das Ablösen von Teilen muss außerdem Folge einer fehlerhaften Errichtung des Gerüstes durch den/die Gerüst- bauer*in sein. RECHT  Arbeitsschutzportal www.basiss-net.de  Regelbetreuung und persönliche Unterstützung im Betrieb  Mitarbeiterunterweisungen und Schulungen Arbeitssicherheit einfach. sicher. digital. Kalckreuthstr. 4  10777 Berlin E-Mail: siekmann@basiknet.de Die Spezialisten für Arbeitsschutz im Gerüstbauerhandwerk Anzeige

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