agbau_03.2022

17 Recht ist seit 2003 in der RAB 30 „Geeigneter Koordinator“ nachzulesen und gibt den Stand der Technik bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen wieder, so steht es zumindest in der dortigen Einleitung. In der Praxis gibt es allerdings, so meine Erfahrung, bei Ausschreibungen und der Begleitung von Projekten, immer wieder andere Meinungen und unterschiedlichste Auslegungen. Guido Meyer: In der Tat macht die RAB 30 sehr detaillierte Vorgaben zur Qualifikation von Koordinator*innen und hat auch recht konkrete Vorstellungen von den Inhalten einer „Ausbildung eines Koordinators“. Hier kann man nur sagen: Es handelt sich um „Empfehlungen“, die nicht verbindlich sind. Ich hatte hierauf schon im Zusammenhang mit dem Leistungsbild zu Anfang unserer Gesprächsreihe (vgl. Folge 1 in agbau 01.2022, S. 14 ff.) hingewiesen. Ich selbst halte die Inhalte der RAB 30 für weitgehend nachvollziehbar und schlüssig, soweit man dies als Jurist beurteilen kann und sollte. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass eben auch Abweichungen von den „Vorgaben“ der RAB möglich und im Einzelfall auch sinnvoll sein können. Ob diese heute so den Stand der Technik darstellen, lässt sich nur durch eine übergreifende Bewertung des arbeitsschutztechnischen Diskurses ermitteln und ist im Zweifel – gerade im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung – eine Frage, die ein/e Sachverständige*r zu beantworten hätte. Carsten Kuschel: Unabhängig vom Alter der Arbeitsschutzregeln, gilt hier nicht trotzdem der Grundsatz der Vermutungswirkung, d. h., bei Einhaltung der Technischen Regeln, kann der/die Arbeitgeber*in, oder in diesem Fall der/die Bauherr*in, davon ausgehen, dass die zugrunde liegenden Forderungen der Gesetze und Verordnungen erfüllt werden? Bei einer Abweichung von der Regel ist die Sicherheit und auch der Gesundheitsschutz dann auf eine andere Art und Weise zu gewährleisten bzw. nachzuweisen – und zwar mit gleichbleibendem Schutzniveau. Guido Meyer: So viel lässt sich aus rechtlicher Sicht allerdings sagen: Eine echte „Vermutungswirkung“, die der/die „Adressat*in“ der Baustellenverordnung dann zwingend widerlegen müsste, um sich rechtskonform zu verhalten, können die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen nicht entfalten. Das unterscheidet die RAB von anderen Technischen Regeln zum Arbeitsschutz, etwa im Bereich des Arbeitsstättenrechts. Dies hängt mit der fehlenden „ErmächtigungsCarsten Kuschel, Geschäftsführender Gesellschafter der Mplus Managementgesellschaft mbh

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